fast 68 jahre 68er. lesung mit rainer langhans im vereinsheim

rainer langhans michael sailer im vereinsheimrainer langhans. zugegeben kenne ich den namen erst, seit ich „das wilde leben“, den autobiografischen film von uschi obermaier gesehen habe. rtl hatte ihn zwischenzeitlich als wg-ikone entdeckt und zwar deshalb, weil rainer gar mit fünf frauen lebt.
rainer langhans trägt helle farben, gerne weiß. die haare mittlerweile ergraut, trotzdem immer noch in der ihm typischen art. die locken fallen lang.



als ich das ticket für das vereinsheim gekauft habe, hatte ich lust auf erzählungen von dieser zeit, die ich nicht kennen kann, weil ich noch nicht lebte. langhans began zu erzählen. es geht um das leben in der nachkriegszeit. die nazis waren seit ein paar jahren besiegt und das gutdeutsche spießertum hat sich breit gemacht. arbeiten, familien, kinder, arbeiten. so ist die zukunft für viele, die in deutschland in den sechzigern jahren lebten. sicherlich ist das ein phänomen, das nicht nur hierzulande existiert.
michael sailer hat in der konkret, ein magazin, dass ich bisher nicht kannte einen artikel veröffentlich, der sich „rainer, dieser flash!“ nennt. untertitel: der kommunenkasper rainer langhans hat seine biographie veröffentlicht. das hört sich sehr kritisch an und mehr noch verwunderte mich, dass langhans gerade mit sailer auf der bühne saß und auszüge aus ebendiesem artikel zum besten gab. es spricht für ihn, dass er die verbalen angriffe, die sailer auf ihn losgelassen hat so gleichmütig kommentiert. auch in den wissen, dass er sich rehabilitieren könnte, wenn er denn wollte. aber danach stand ihm in erster linie nicht der sinn. er hat mir seinen kritikern in den letzten jahrzehnten leben gelernt und außerdem wollte er ja erzählen. und das tat er.

und so ist der abend es eine interessante mischung aus den tagen um 1968 aus aufbruch, neuen regeln, politischen ideen, erzählungen über die raf – als grenzüberschreitende fortsetzung einer idee, freier liebe, sex der in variationen gelebt wurde, der nicht den moral- und lebenseinstellungen der deutschen entsprach und natürlich der frage, wie rainer mit fünf frauen gleichzeitig lebt.
ich bin vollkommen unvorhereingenommen zu dieser lesung gegangen und bin, so denke ich, dies auch noch nach wie vor. man mag mir nachsehen, dass ich, als ich langhans da sitzen saß, zwischendurch daran gedacht habe, dass er zum beispiel andreas baader oder mick jagger persönlich getroffen hat. er war auf den parties der rolling stones, wenngleich so vermute ich eher politisch, denn als musikalisch interessierter mensch. er hat sich mit dem top-terrorist der siebziger unterhalten.

das ist alles vierzig jahre her und ich wurde das gefühl nicht los, dass die ehemaligen bewohner der komune 1 sich heute nicht mehr ganz so gut verstehen, wie das in der dieser zeit gewesen ist. einerseits weil ein teil der mitglieder sich den reaktionären zielen und vorgehensweisen der raf anschlossen. gedanklich und wahrscheinlich auch als aktive teilnehmer.
rainer langhans hat drogenerfahrung gesammelt. annähernd ein jahr hätten sie damals lsd-tripps geschmissen. das ist natürlich, so weiß er mittlerweile, nicht gesund. und der körper brauche eine zeit um sich davon zu erholen. er habe andere möglichkeiten entdeckt, die ihn heute zu der inneren einkehr und dem weg zu sich selbst verhelfen.
es war ein wirklich interessanter abend. langhans wirkte entspannt und relaxt und ist nicht aus der ruhe zu bringen. das ist bewundernswert.